Lerncomputer
Allgemeines
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In der DDR wurde schon frühzeitig, d.h. mit Erscheinen des Mikroprozessorsystems U880 (1980) in den verschiedensten Bildungseinrichtungen (allg. bildende Oberschulen, Lehrwerkstätten Mikroelektronik-relevanter VEB´s, KDT usw.) Grundlagen geschaffen, Wissen über diese neue Technik unter´s Volk zu bringen. Oft war allerdings der Wunsch mehr als die Realität. Nicht selten blieb es mangels geeigneter Hardware bei theroretischen Betrachtungen, die allerdings dann bei den Auszubildenden zunächst wenig Interesse weckte. Das änderte sich erst, als mit den Kleincomputern auch Spiele möglich wurden. Die wenigen Kleincomputer in den so genannten "Computer-Kabinetten" der Polytechnischen und Erweiterten Oberschulen waren stets stark umlagert.
Lernsystem LS880
Lange vor der offiziellen Einführung des Mikroprozessorsystems der 2. Generation U880 wurde Anfang 1979 im Applikationslabor des Bauelementeherstellers Funkwerk Erfurt (FWE) ein Lernsystem entwickelt. Als Bauelemente-Basis wurde dazu auf die originalen Vorbildtypen zurückgegriffen, mit der Maßgabe, daß kurzfristig diese Bauelemete auch aus Eigenaufkommen zur Verfügung stehen würden.
(Zitat aus der Beschreibung in den Nachnutzungsunterlagen des FWE)
"Mit der vorgestellten gerätetechnischen Basis wird der Anwender in die Lage versetzt, sich mit dem Befehlssatz (Maschinenebene), der Arbeitsweise und der Struktur des Mikroprozessorsystems U880 vertraut zu machen. Sie ermöglicht das Erlernen der Programmsprache und das Testen der vom Anwender selbst erstellten Software."
Die einfache, leicht erweiterbare Struktur sollte im Verbindung mit der umfassenden Dokumentation und einem Leiterkartenformat (170 x 95 mm = halbe K1520-Größe) den interessierten Anwender den Nachbau sehr erleichtern. Die K1520-Entwicklung hingegen war damals bei ROBOTRON noch als "Vertrauliche Verschluß Sache (VVS)" eingestuft. Allerdings gab es die Nachnutzungsunterlagen ohne Leiterplatten-Layouts und es wurden auch keine fertigen Leiterplatten angeboten, so daß die Nachfrage schon aus diesem Grunde auf Interessenten mit bereits vorhandener Leiterplatten-Technologie (Entwurf und Fertigung) beschränkt wurde.
Technisch interessant ist jedoch, daß dieses Grät eine Programmierbaugruppe für die "Uralt"-EPROMs U551C/U552C beinhaltet, mit der z.B. auch PROMs vom Typ U501D ausgelesen werden können.
Die Nachnutzungsunterlagen des FWE wurden - soweit vorhanden - komplett eingescannt und liegen bei robotron-net vor.
Nachtrag
Grundlage des Lernsystems "LS880" war das Baugruppensystem "FPS2" - Frei programmierbare Steuerung der 2. Leistungsklasse, welches als Rationalisierungsmittel etwa 1978 ebenfalls aus dem VEB Funkwerk Erfurt kam.
Konzeptionell wurde dabei auf Folgendes orientiert:
- geringe Leiterplattengröße (95x170mm² EGS), d.h. optimal für elektronische Steuerungen,
- einheitlicher Systembus für die Steckkarten-Kommunikation,
- Verwendung der Kartenrückseite für Interfaceanschlüsse,
- ausschließlicher Einsatz von Bauelementen aus DDR- oder RGW-Produktion.
Da der FPS2-Systembus nicht K1520-kompatibel ist, ist auch eine Kompatibilität mit dem sonst baugleichen NANOS-System nicht gegeben.
Weitere Informationen zum "FPS2" können hier nachgelesen werden.
Poly-Computer 880 (1983)
Der Poly-Computer war einer der ersten industriellen Erzeugnisse für Ausbildungsprozesse in der DDR mit dem neuen Mikroprozessor U880. Er diente, wie auch der LC80, hauptsächlich der Computerausbildung, d.h. Einführung in die Mikrocomputertechnik. Er sollte insbesondere im so genannten "polytechnischen Unterricht" an den allgemeinbildenden Schulen eingesetzt werden (daher der Name), war aber auch für den Lehr-Unterricht für die kommenden Berufe mit Basis Mikrorechentechnik-Elektronik vorgesehen.
Literatur
LC 80 (1982)
Ein damaliger FWE-Mitarbeiter erinnerte sich: Die Handbücher sowie weitere Unterlagen zum LC80 erhält man bei Volker Pohlers.
Literatur
Bildungscomputer A5105 (1988)
Copyright © robotron-net.de, letzte Änderung 24.12.2015
Im "Poly" werkelte, wie in vielen anderen DDR-Rechnern auch, der Prozessor U880D mit 2,5MHz.
Der Poly-Computer 880 war 5kg schwer und wurde ab 1983 vom VEB Polytechnik Karl-Marx-Stadt ausschließlich für so genannte "gesellschaftliche Bedarfsträger" produziert. Somit gelangte er niemals in den RFT-Handel für den Bevölkerungsbedarf .
Sehr spartanisch war das Ein- und Ausgabe-Interface. Es standen nur der Zehner-Ziffenblock, einige weitere Funktionstasten, sowie eine 8-stellige 7-Segment-LED-Anzeige zur Verfügung. Programmiert wurde er ausschließlich in Maschinensprache. Dafür gab es eine sehr gute Dokumentation (3 Bände), sowohl, was das eigentliche Gerät betraf, als auch allgemein zum Mikrocomputersystem U880.
Zahlreiche Beiträge in der DDR-Zeitschrift "rfe" zu Erweiterungen des "Poly 880" zeugen von dem Willen pfiffiger Entwickler mehr aus diesem "Steinzeit-Computer" zu machen.
Dipl.-Ing. Harald Arnold, Dipl.-Phys. Wolfgang Pilz: Poly-Computer 880, rfe 1982, H6 S.385-386
Dr.-Ing. Steffen Burkhardt, Dipl.-Ing. Uwe Hübner: Technik und Anwendung des Poly-Computers 880, rfe 1984, H5, S282-287 (ausführl. Beschreibung mit Schaltbild !)
Dipl.-Ing. Uwe Hübner: Zusatzgeräe für den Poly-Computer 880, rfe 1984, H7, S415-419
Uwe Held: Poly-Computer 880 als Bedieneinheit, rfe 1984, H12, S759-760
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Der LC 80 wurde vom VEB Funkwerk Erfurt (FWE) im Rahmen der staatlichen Aufgabe "Konsumgüterproduktion" entwickelt und produziert. Als kleiner Nebeneffekt sollten damit auch die anfangs massenweise produzierten Anfalltypen (eigentlich Ausschuß) der Systemschaltkreise U880, deren Hersteller ebenfalls FWE war, einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden.
Ebenso wie der Poly880 wurde der LC 80 vorrangig zu Ausbildungszwecken benutzt. Gelegentlich war er im Fachhandel (in einer Kunstledermappe) zu einem Preis von ca. 500,- Mark erhältlich. Prinzipiell handelt es sich bei diesem Rechner um ein Z80 Minimalsystem (Einplatinenrechner). Er bestand aus dem Prozessor U880D (Anfalltyp), getaktet mit 900 kHz, 2xPIO U855D, 1xCTC U857D, 1KByte RAM (2x U214D), 2 KByte ROM (2x U505D)mit einem Monitorprogramm, Magnetbandinterface,
6-stellige 7-Segment Anzeige und einem Lautsprecher zur Tonausgabe. Die Dateneingabe erfolgte mittels einer Taschenrechnertastatur (Taschenrechner wurden ebenfalls im FWE, später dann in Mühlhausen produziert) mit 25 Tasten in Maschinensprache.
Der Computer incl. allen Drum und Dran brachte 2kg auf die Waage und wurde ab Ende 1982 produziert.
"Wir waren damals 3 Elektronikentwickler, dazu teilweise noch ein Funkmechaniker und jemand aus der Konstruktion, der die Tasche konzipierte. Das Grundkonzept des LC 80 kam aus einer anderen Abteilung des Funkwerkes. Die Jungs haben ziemlich viel gebastelt und das Konzept war praktisch angefallen. Unsere Abteilung - Konsumgüterentwicklung - hatte die Aufgabe das Konzept weiter zu entwickeln und zur Serienreife zu bringen. Soweit ich mich erinnern kann, war die eigentliche Triebfeder, diesen LC 80 weiter zu entwickeln, das Interesse einer Uni in Westberlin und ein Interessent aus England. Die Engländer hatten dann auch durch immer wieder kleine Änderungsforderungen, die Entwicklung und Serienproduktion hinausgezögert. Schließlich und endlich als alles ihren Forderungen entsprach, wollten sie den LC 80 nicht mehr. Der Vertrieb sollte auch recht seltsam geschehen. Sie wollten eine große Stückzahl bestellen. Diese sollte dann nach Westberlin auf Lager gehen und von dort verkauft werden. Geld sollte es nur für verkaufte LC 80 geben. Also lag das Risiko voll auf Seiten des Funkwerkes. So gesehen hatten wir noch Glück gehabt, dass das Geschäft noch frühzeitig geplatzt ist und "nur" die Entwicklungskosten den
"Bach runtergegangen" sind. Ende 85 Anfang 86 wurde das Projekt eingestellt. Für England gab eine abweichende Variante. Sie hatte 4 kB RAM und 2 ROM Bänke zu je 2 x 2732 (je 4K-) ROM. Die ROM-Bänke konnten jeweils umgeschaltet werden.
Im Funkwerk gab es in einer anderen Abteilung noch einen Kollegen, der einige Peripheriegeräte für den LC 80 entwickelt hatte".
Dr. Werner Kämpf: Lerncomputer LC 80, rfe 1984, H10, S669-672 (ausführliche Beschreibung mit Schaltbild)